Es gibt verschiedene Kernthemen rund um das Thema Vielfalt, die am Deutschen Diversity Tag behandelt werden. Dazu gehören: Alter, Geschlecht, sexuelle Orientierung, Nationalität, körperliche und geistige Fähigkeiten, Religion und Herkunft. In unserem diesjährigen Workshop fokussierten wir neben dem übergeordneten Thema Unconscious Bias insbesondere das Kernthema Gender in Bezug auf die Arbeitswelt.
Unconscious Bias bedeutet übersetzt „unbewusste Voreingenommenheit“ und beschreibt eine tiefer liegende Meinung bzw. Haltung und auch Stereotypen, die Menschen unbewusst anderen zuschreiben. Diese Voreingenommenheit kann individuelle Personen oder auch Personengruppen betreffen und beeinflusst sowohl unseren Umgang mit Personen als auch unser alltägliches Verhalten.
Unconscious Bias in der Arbeitswelt
Voreingenommenheiten können im Prinzip in allen möglichen Situationen auftreten, da sie das alltägliche Leben beeinflussen und jede:r in irgendeiner Art und Weise gegenüber bestimmten Dingen, Personen oder Gruppen voreingenommen ist.
Spezifisch in der Arbeitswelt kann Unconscious Bias zum Beispiel in Bewerbungsgesprächen, in der Bewertung von Aufgaben bzw. Ergebnissen oder auch generell im Umgang mit Mitarbeiter:innen zum Beispiel bei Team-Meetings oder Feedback-Gesprächen auftreten.
Es ist wichtig, zu verstehen und anzuerkennen, dass jeder Mensch Biases hat. Diese werden uns von Kindheit an durch unser Umfeld anerzogen und aufgrund unserer Erfahrungen das ganze Leben hinweg geformt. Menschen, die mit diesen Biases ihres Umfeldes konfrontiert werden, werden emotional und psychologisch beeinflusst – und das leider nicht unbedingt zum Positiven. Da Biases zu Vorurteilen und Ungleichbehandlung führen können, sollten wir als Gesellschaft also daran arbeiten, Voreingenommenheiten abzubauen. Daher haben wir dieses Thema für unseren diesjährigen Workshop ausgewählt.
Unterarten des Unconscious Bias
Es existiert eine Vielzahl von Unterarten des Unconscious Bias, wie man zum Beispiel hier nachlesen kann. Drei davon stellen wir hier vor, die uns besonders relevant erscheinen. Für jede Unterart geben wir zudem ein Beispiel, wie sich dieser Bias in einem Bewerbungsverfahren darstellen könnte.
Affinity Bias
Affinity Bias, zu Deutsch der Ähnlichkeits- oder Affinitäts-Bias, meint die Tendenz, solche Personen zu bevorzugen, die Ähnlichkeiten mit uns haben, wie zum Beispiel gemeinsame Interessen oder vergleichbare Erfahrungen.
In einem Vorstellungsgespräch könnten beispielsweise Bewerber:innen bevorzugt werden, die dem vorhandenen Team sehr ähnlich sind. Das gute Bauchgefühl, das entsteht, wenn potenzielle neue Mitarbeiter:innen „super ins Team passen“, könnte jedoch von den eigentlichen Fähigkeiten, Qualitäten und Erfahrungen der Person ablenken. Vielleicht werden so sogar andere Bewerber:in übergangen, die objektiv besser für die offene Position geeignet wären.
Conformity Bias
Der Konformitäts-Bias ist im alltäglichen Sprachgebrauch auch bekannt als „Gruppenzwang“. Dieser Bias beschreibt die Tendenz, das eigene Verhalten an die umgebenden Personen anzupassen – unabhängig von den eigenen Werten oder Wünschen.
Nach einem Bewerbungsgespräch könnte sich der Conformity Bias zeigen, wenn die Mehrheit eine:n bestimmte:n Kandidat:in bevorzugt und andere Entscheider:innen sich nicht trauen, ihre abweichende Meinung mitzuteilen. Hier könnte beispielsweise jede stimmberechtigte Person ihre Meinung unabhängig von der anderen aufschreiben. Anschließend wird das jeweils Geschriebene besprochen.
Gender Bias
Einer der wohl bekanntesten und am meisten diskutierten Biases ist der Gender Bias, die geschlechtsbezogene Voreingenommenheit. Laut Statistiken werden Männer zum Beispiel 1,5 Mal wahrscheinlicher nach einer Bewerbung eingestellt als Frauen. Interessant ist hierbei auch, dass sowohl Männer als auch Frauen männliche Bewerber bevorzugen. Zu diesem Bias gehört auch die Gender Pay Gap, bei der Männer auch heute noch besser bezahlt werden als Frauen im gleichen Job.
Zu vermeiden ist dieser Bias im Bewerbungsverfahren, indem Bewerbungen sozusagen „blind“ angesehen werden. Das heißt, Aspekte, die das Geschlecht der Bewerber:innen verraten, werden versteckt. Auch Diversität-Einstellungsquoten aufzustellen und diese dementsprechend zu erfüllen, kann helfen. Wie üblich sollte der Fokus auf den Fähigkeiten und Verdiensten des Bewerbers liegen.
Weitere Arten des Unconscious Bias
- Confirmation Bias (= Bestätigungsfehler)
- Attribution Bias (= Attributionsfehler)
- Halo-Effekt (= „Heiligenschein-Effekt“)
- Horns-Effekt (= „Hörner-Effekt“)
- Contrast-Effekt (= Kontrast-Effekt)
- Ageism (= Altersdiskriminierung)
- Name Bias (= Voreingenommenheit aufgrund des Namens)
- Beauty Bias (= Voreingenommenheit aufgrund von Attraktivität)
- Height Bias (= Voreingenommenheit aufgrund von Körpergröße)
Implicit Association Test (IAT)
Anschließend an die Definition und Erklärung des Unconscious Bias führten wir in unserem Workshop den sogenannten Implicit Association Test durch. Wir wählten hierfür den Gender – Karriere Implicit Association Test. Der Implicit Association Test (IAT) ist eine Methode, mit der Forschende messen, wie sehr wir zwei Konzepte in unserem Denken unbewusst miteinander verbinden. Beispielsweise wird „Jugend“ + „Gut/Positiv“ häufiger unbewusst verbunden als „Alter“ + „Gut/Positiv“.
Beim IAT werden Ihnen wechselnde Begriffe auf dem Bildschirm angezeigt, die Sie durch Drücken von Tasten einem anderen Begriff zuordnen sollen – und das so zügig wie möglich. In unserem Beispiel waren dies Männer- und Frauennamen, die Begriffen aus den Kategorien „Familie“ und „Karriere“ zugeordnet werden mussten. Studien haben gezeigt: Je stärker die Teilnehmenden des Tests einen Begriff mit einem anderen assoziieren, desto leichter fällt es ihnen, die richtige Taste zu drücken.
Wenn Sie selbst einen Implicit Association Test durchführen wollen, gelangen Sie hier zu den verschiedenen Tests.
Feedback und Diskussion zu Unconscious Bias und IAT
Während unseres Workshops entwickelte sich insbesondere bei den Themen Beauty Bias und Gender Bias eine intensivere Diskussion. In Bezug auf Beauty Bias tauschten wir uns über die Vor- und Nachteile von Bewerbungsfotos und eigene Erfahrungen damit aus. Da zumindest einige von uns beide Seiten kennen – sowohl als Bewerber:innen, als auch als Arbeitgeber:in – konnten wir unterschiedliche persönliche Ansichten austauschen.
Zum Thema Gender Bias konnten insbesondere unsere Mitarbeiterinnen negative Praxis-Erfahrungen aus früheren Anstellungsverhältnissen teilen, unter anderem in Bezug auf die Themen Schwangerschaft und Beförderung sowie die Bewertung ihrer Qualifikation.
Nach dem Implicit Association Test sammelten wir unsere Eindrücke:
- Alle waren sich einig, dass der Test viel Konzentration und Aufmerksamkeit erfordert.
- Die Mehrheit hatte den subjektiven Eindruck, dass mehr Aufmerksamkeit erforderlich ist, um die Begriffe „weiblich“ + „Karriere“ korrekt zuzuordnen, als es bei „männlich“ + „Karriere“ der Fall ist.
- Der Test benötigt eine hohe kognitive Leistung und ergibt möglicherweise schlechtere Ergebnisse, wenn die Testenden zum Beispiel erschöpft oder abgelenkt sind. Dadurch können die Ergebnisse verfälscht werden.
- Wir sind ebenfalls zu dem Schluss gekommen, dass eigene Erfahrungen und das Aufwachsen in traditionellen Familienrollen die Wahrnehmung von „männlich“ + „Karriere“ und „weiblich“ + „Familie“ stark beeinflussen.
Unser Fazit
Für uns als Team von Rings Kommunikation steht fest, dass in unserem Arbeitsalltag Diskriminierung keine Chance haben soll. Das Erkennen der eigenen Biases ist unserer Meinung entscheidend. Durch den Implicit Association Test wurde das Wahrnehmen des persönlichen Gender Bias relativ einfach. Während viele von uns vor dem Test der Meinung waren, selbst keinerlei (Gender) Bias in Bezug auf die Arbeitswelt zu haben, belehrte uns das Ergebnis eines besseren: Fast alle Teilnehmer:innen hatten mindestens eine leichte Tendenz dazu, die Begriffe der Gruppen „männlich“ + „Karriere“ leichter einander zuzuordnen.
Dementsprechend ist unser Schlussgedanke, dass jede:r zu einem bestimmten Grad voreingenommen ist und es ist nahezu unmöglich, das komplett zu vermeiden. Wichtig ist jedoch, sich dessen bewusst zu werden und nach einem ersten „biased“ Eindruck den Bias ablegen zu können, um Chancengleichheit für alle zu gewährleisten.
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